Grilli

Marie Donike & Johannes Specks
Kulinarik | Installation | Mixed Media |
Maße variabel
2024




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Johannes Specks

Ausstellungsansicht: Grilli, Galerie Stephanie Kelly, Dresden, 2024

Die unaufhaltsam wachsende Lebensmittelindustrie und die daraus resultierenden Konsequenzen sorgen bereits seit vielen Jahren für Entrüstung: Massentierhaltung, genmanipuliertes Gemüse, ungesunde Fette, (Mikro-)Plastik, Diabetes, Karies, Verunreinigungen usw. Wenngleich sich das allgemeine Bewusstsein für gesunde Lebensmittel aufgrund von Fitness Trends, Lifestyle und Statussymbolik verschärft, manifestieren sich innerhalb dieser Entwicklung Ungleichheit, Ausschluss und klassistische Strukturen. Der Zugang zu gesunden und nahrhaften Lebensmitteln wird von sozialen und ökonomischen Faktoren beeinflusst. So sind frische und nährstoffreiche (regionale) Lebensmittel oft teurer als verarbeitete Produkte. Zudem werden bestimmte Ernährungsweisen und Lebensmittel mit höherem sozialen Status assoziiert, während andere als minderwertig angesehen werden.

Unsere Essgewohnheiten sind tief mit unserer Erinnerungskultur verwoben. Sie dienen nicht nur der Ernährung, sondern auch als Ausdruck unserer kulturellen Identität und des kollektiven Gedächtnisses. Die Diskrepanz zwischen einem verstärkten Bewusstsein für gesunde Ernährung auf der einen und der Verhärtung sozialer Ungleichheit auf der anderen Seite, schafft den Nährboden für eine neue Generation von Künstler*innen und Kollektiven, die mithilfe sorgfältig kuratierter Mahlzeiten einen sinnlich kritischen Dialog anstoßen. Dazu gehören auch Marie Donike (*1992) und Johannes Specks (*1991), die in Ihrer gemeinsamen künstlerischen Praxis Lebensmittel als Träger von Geschichten und Erinnerungen untersuchen, ihre vielschichtige Symbolkraft aufgreifen und den performativen Charakter gemeinsamer Mahlzeiten nutzen.
Das Duo experimentiert sensibel mit Lebensmitteln und Alltagsphänomenen.




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Johannes Specks

Ausstellungsansicht: Grilli, Galerie Stephanie Kelly, Dresden, 2024


Bevor das gemeinsame Essen im Kunstkontext einen angemessenen Platz finden kann, recherchieren Marie Donike und Johannes Specks zunächst nach essbarem Material, kunst- und kulturhistorischen Verweisen, aber auch nach Orten, an denen die unterschiedlichsten Menschen zum Essen zusammenkommen. Kantinen, Kioske und Imbissbuden werden dabei zu wesentlichen Quellen. Flexibilität ist ein weiteres Merkmal, das Essen künstlerisch zu etwas Besonderem macht. Improvisation und Intuition spielen eine große Rolle. Aromen können und sollen sich verän- dern dürfen — je nachdem, was gerade verfügbar und möglich ist.

Die Ergebnisse ihrer künstlerischen Forschung verarbeiten die beiden Künstler*innen zu interaktiven
Installationen, wodurch die jeweiligen (Kunst-)Räume eine völlig neue Atmosphäre erhalten. Die Wahrnehmung der Gäst*innen wird geschärft, indem sie in einen sinnlichen Dialog verwickelt werden. Kunst kann bisweilen einschüchternd wirken, aber Essen ist etwas, zu dem jede*r einen Zugang hat.

Nach »SPÄTI« (Chemnitz, 2018) und »FRITTI« (Köln, 2019) erweitern Marie Donike und Johannes Specks mit »GRILLI« ihre Interventionsreihe in der Galerie Stephanie Kelly. Die Ausstellung verwandelt den Kunstraum in einen temporären Imbiss. Das Duo kreiert in Auseinandersetzung mit regionaler Kulinarik ein einzigartiges und lebewesenfreundliches Grill-Spektakel.


︎ TEXT ︎:
Lucie Klysch



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Ludwig Kupfer